Die Kraft positiver Emotionen

von | 23.01.2021 | Positive Emotionen

Positive Emotionen sind ein essenzieller Teil eines glücklichen und erfüllten Lebens. Denn ohne positive Emotionen würden wir uns nicht glücklich fühlen, an nichts Freude haben, keine Liebe für jemanden empfinden und wären nicht stolz auf erreichte Ziele. Positive Emotionen sind ein wichtiger Motivator in unserem Leben und viele Wünsche, Ziele und Sehnsüchte haben wir, weil wir uns dadurch gut fühlen möchten. Ohne positive Emotionen wären unsere Ziele reizlos, unsere Wünsche uninteressant und unsere Sehnsüchte sinnlos. Wenn dir das übertrieben vorkommt, teste es einmal selbst.

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Gedankenexperiment

Stell dir vor, du triffst eine Fee und sie ist bereit, dir alle Wünsche zu erfüllen, die du hast. Aber sie hat eine Bedingung: Alle positiven Emotionen, die du durch die Erfüllung der Wünsche erlebst, gehen an die Fee. Das heißt, sie erlebt all die schönen Gefühle, aber du nicht. Dafür kannst du dir wünschen, was du möchtest und so viel, wie dir einfällt.

Was würdest du dir wünschen?

Ein neues schickes, schnelles Auto? Aber du erlebst weder die Freude über das schöne neue Auto, noch die positiven Emotionen, wenn du das Auto fährst.
Ein großes Haus am Strand, mit Infinity-Pool, Kino-Raum und allem, was du dir vorstellen kannst? Aber der Spaß und die Glücksgefühle, die du in diesem Haus erlebst und die Freude darüber, dort wohnen zu können, gehen an die Fee.
Wie wäre es mit einem tollen, extrem gut bezahlten Job? Aber all der Spaß an den spannenden Aufgaben und das Vergnügen mit deinen coolen Kollegen, erlebst du nicht, denn all das geht direkt an die Fee.
Dann vielleicht den Traumpartner, der toll aussieht, intelligent ist und dich auf Händen trägt? Aber all die Liebe und die schönen Momente, die du mit ihm erlebst, fühlt nur die Fee.

Was würdest du dir noch wünschen, wenn alle positiven Emotionen deiner Wunscherfüllung an die Fee gehen?

Vielleicht hat dieses kleine Gedankenexperiment dir deutlich gemacht, wie sehr Dinge und Erlebnisse an Bedeutung verlieren, wenn wir dabei keine positiven Emotionen erleben. Im Grunde sind positive Emotionen wie die Farben, ohne sie würde die Welt zwar weiterhin existieren und es wäre immernoch alles möglich, aber das Leben wäre grau, trist und eintönig. Deshalb sind Positive Emotionen ein wichtiger Baustein eines glücklichen Lebens und die Positive Psychologie hat dieses Thema rundum erforscht.

Was sind positive Emotionen?

Bevor wir uns anschauen, was Säbelzahntiger und Blümchen mit dem Erleben von positiven Emotionen zu tun haben, beantworten wir erstmal die grundsätzliche Frage, was positive Emotionen eigentlich sind. In der Positiven Psychologie unterscheiden wir nicht zwischen Gefühl und Emotion, sonden verwenden die Begriffe synonym. Grundsätzlich kann man Emotionen anhand ihrer Qualität unterscheiden, angenehm / positiv vs. unangenehm / negativ, als auch anhand ihrer körperlichen Erregung, aktivierend vs. deaktivierend.

Valenz-Erregungs-Modell

Damit entstehen vier Dimensionen, anhand derer man Emotionen einordnen kann, wobei die Dimensionen nicht trennscharf sind, sondern ineinander übergehen. Denn Emotionen sind selten nur angenehm oder unangenehm, oder nur aktivierend oder deaktivierend. Sie bewegen sich auf einem Kontinuum und teilweise weichen die Zuordnungen auch individuell ab. Trauer kann von manchen Menschen oder in manchen Situationen als eher deaktivierend, in anderen wiederum als eher aktivierend erlebt werden. In der Positiven Psychologie interessiert uns vor allem die unterschiedliche Qualität der Emotionen. Der Fokus liegt auf den positiven Emotionen, wobei negative Emotionen in der Positiven Psychologie weder ignoriert, noch abgelehnt werden. Negative Emotionen sind genauso Teil eines glücklichen Lebens und erfüllen oftmals einen wichtigen Zweck.

Positive vs. negative Emotionen

Positive Emotionen unterscheiden sich nicht nur in ihrer Qualität von negativen Emotionen, sondern auch in ihrer Wirkung. Früher, als noch Säbelzahntiger herumliefen, war es für uns überlebenswichtig, dass das Rascheln im Gebüsch eine Emotion auslöst, die wir schnell und eindeutig als Furcht einordnen können. Bei der Flucht hat es unser Leben gerettet, wenn wir uns nicht vom hübschen Blümchen am Wegesrand ablenken ließen, sondern darüber nachdachten, wo wir am schnellsten ein sicheres Versteck finden. Und auch, dass wir uns noch lange an diesen Schreckensmoment erinnern und wissen, wo potentiell ein Säbelzahntiger lauert, war eine wichtige Eigenschaft. Wichtiger, als zu wissen, wo wir die schönsten Wildblumen gepflückt hatten. Diejenigen unserer Spezies, die das besonders gut konnten, überlebten mit hoher Wahrscheinlichkeit. Und auch heutzutage wirken negative Emotionen noch genauso.

Negative Emotionen nehmen wir schneller und klarer wahr. Wir können genauer sagen, ob wir gerade traurig, wütend oder ängstlich sind. Negative Emotionen wirken länger und intensiver nach. Mal angenommen, du hattest einen normalen Tag im Büro, du hast diese eine rührende Dankesmail von einem Kunden bekommen, die dich richtig gefreut hat und du hast eine unhöfliche Mail von einem Kollegen bekommen, über die du dich wirklich geärgert hast. Der Ärger wird vermutlich noch anhalten, bis du abends nachhause kommst. Wenn du nun deinem Partner von deinem Tag erzählst, welche der beiden Gegebenheiten wird deine Erzählung und deine Stimmung stärker beeinflussen? Vermutlich wird es die E-Mail sein, über die du dich geärgert hast. Denn an negative Emotionen können wir uns besser erinnern und die Emotionen, als einzeln abgrenzbare Wahrnehmungen, leichter wieder abrufen.

Das klingt erst einmal so, als wären negative Emotionen etwas ziemlich nerviges. Doch die Wirkung von negativen Emotionen hat evolutionär gesehen ihre Berechtigung und kann auch heutzutage noch nützlich sein. Wenn wir negative Emotionen erleben, führt dies zu einer Fokussierung und Einengung des Denkens, sowie einer stärkeren Detailorientierung. Wir werden uns noch genau an die Augenfarbe des Säbelzahntigers oder die genauen Worte in der E-Mail des Kollegen erinnern können. Gleichzeitig hilft uns das dabei, uns auf die aktuellen Probleme und ihre Lösungen zu konzentrieren und uns nicht ablenken zu lassen. Negative Emotionen versetzen unseren Körper auch heutzutage noch in einen Überlebensmodus und wir reagieren mit Stress.

Ganz anders hingegen ist es mit positiven Emotionen. Sie sorgen dafür, dass wir ressourcevoller sind und verbessern unsere Ressourcen auf

  • körperlicher Ebene (unser Immunsystem wird gestärkt und unsere Gesundheit verbessert sich),
  • sozialer Ebene (Menschen empfinden uns als attraktiver und es fällt uns leichter Beziehungen aufzubauen),
  • intellektueller Ebene (unsere Kreativität und Problemlösefähigkeiten verbessern sich),
  • emotionaler Ebene (wir empfinden eine höhere Akzeptanz gegenüber uns und anderen, erleben mehr Sinn),
  • handlungsbezogener Ebene (sind flexibler in unserem Verhalten und offen für neue Impulse).

Interessanterweise erleben wir positive Emotionen im Alltag durchschnittlich häufiger als negative Emotionen. Da wir sie aber weniger bemerken und sie sich nicht so stark in unserer Erinnerung verankern, wie negative Emotionen, kann es uns trotzdem so vorkommen, als würden wir mehr negative erleben. Wenn wir positive Emotionen erleben, können wir auch weniger klar benennen, wie wir uns fühlen. Positive Emotionen werden diffuser wahrgenommen, sind nicht klar abgrenzbar, überlappen sich oft oder gehen ineinander über. Oft sagen wir einfach „Es geht mir gut“, anstatt zu sagen, dass wir uns freuen, dass wir stolz sind, Interesse verspüren oder entspannt sind. Da wir schlichtweg meist selber nicht so genau wissen, was wir eigentlich gerade fühlen.

Positive Emotionen als Gegenspieler negativer Emotionen

Du weißt jetzt, dass negative Emotionen überlebenswichtig sind, positive Emotionen dafür unsere Ressourcen stärken. Beide Qualitäten von Emotionen haben also eine wichtige Bedeutung für unser Leben. Negative Emotionen haben kurzfristig unser Leben gerettet, sodass wir nicht dem Säbelzahntiger zum Opfer fielen. Positive Emotionen hingegen haben langfristig dafür gesorgt, dass wir uns weiterentwickelt haben. Durch positive Emotionen konnten unsere Vorfahren ihre Fähigkeiten verbessern, neue Ideen entwickeln und umsetzen und Bindungen aufbauen. Alles Ressourcen, die ihnen dabei halfen, auf zukünftige, lebensgefährliche Situationen besser reagieren zu können oder in Zukunft sogar vermeiden zu können.

Erinnern wir uns noch einmal an unseren Bürotag mit der Dankesmail und der Mail des blöden Kollegen. Angenommen, wir haben die Dankesmail vor der blöden Mail gelesen, wird der Ärger unsere Freude ziemlich schnell überrollt haben. Denn negative Emotionen wirken stärker und intensiver als positive. Drehen wir die Reihenfolge jedoch um, passiert etwas spannendes: die positive Emotion wird zum Gegenspieler der negativen Emotion. Wenn wir uns über die Mail des Kollegen ärgern, wird die Freude über die Dankesmail unseren Ärger abmildern oder sogar neutralisieren. Dieser Effekt wird in der Psychologie der Undoing-Effekt genannt. Positive Emotionen sorgen dafür, dass die körperliche Reaktion negativer Emotionen schneller neutralisiert wird und der Körper sich innerhalb kürzerer Zeit wieder erholt. Getestet hat man dies beispielsweise in einer Studie1, in der die Versuchsteilnehmer unter Zeitdruck eine Rede vorbereiten sollten. Dies führte zu einer Stressreaktion, die körperlich messbar war, und zu negativen Emotionen, wie Angst, Unsicherheit, Anspannung etc. Statt die Rede zu halten, schauten die Teilnehmer danach einen kurzen Film. Ein Teil der Teilnehmer bekam einen lustigen oder schönen Film zu sehen, der also positive Emotionen auslöste, der andere Teil der Teilnehmer schaute einen traurigen Film an, der negative Emotionen hervorrief und ein weitere Teil der Teilnehmer schaute einen neutralen Film an, der die Emotionen nicht weiter beeinflusste. Bei allen Gruppen wurde gemessen, wie lange die Stressreaktion anhielt. Die Gruppe, die den positiven Film sah, war viel schneller wieder in einem besseren Zustand, als die Gruppe, die den traurigen oder neutralen Film sah. Bei ihr hielt die Stressreaktion weiter an.

Was lernen wir daraus für den Alltag? Wenn du gestresst oder in einem schlechten Zustand bist, helfen positive Emotionen. Sie sorgen dafür, dass der Körper sich wieder erholt und vom Stress regeneriert. Sich mit lustigen Katzenvideos aufzumunten, ist also gar keine schlechte Idee und auch wenn der Partner versucht, einen mit einem schlechten Witz zum Lachen zu bringen, darf man ruhig mal ein Auge zudrücken und sich aufmuntern lassen.

Die 10 positiven Emotionen

Du weißt nun, dass positive Emotionen ein wichtiger Baustein in unserem Leben sind. Doch welche positiven Emotionen gibt es eigentlich? Barbara Fredrickson, führende Forscherin auf dem Gebiet der positiven Emotionen, nennt in ihrem Buch Die Macht der guten Gefühle 10 positive Emotionen, die laut ihren Studien den Alltag von Menschen am meisten prägen:

Freude

Dankbarkeit

Gelassenheit

Interesse

Hoffnung

Stolz

Inspiration

Vergnügen

Ehrfurcht

Liebe

Diese Liste hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Mit Sicherheit gibt es noch mehr positive Emotionen und viele verschiedene Nuancen. Allerdings geben diese 10 positiven Emotionen einen guten Überblick über verschiedene Facetten und ermöglichen einen guten Einstieg in das Thema.

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Reflexion

Schau dir noch einmal die 10 positiven Emotionen an.

Welche Emotionen erlebst du regelmäßig in deinem Alltag, zu welchen hast du einen guten Zugang? Wann, wo und bei welchen Tätigkeiten erlebst du sie oft?

Welche Emotionen erlebst du selten und sind dir eher fremd?

Welche Emotion würdest du gerne häufiger erleben? Was könntest du dafür tun?

Positive Emotionen sind die Würze unseres Lebens und es lohnt sich, aktiv etwas dafür zu tun, mehr positive Emotionen zu erleben. Die Positive Psychologie kennt viele wirksame Übungen, mit denen man mehr positive Emotionen in sein Leben bringen kann.

Ich wünsche dir viele schöne Momente!
Deine Alexandra

Quellen

1. Fredrickson, B. L., Mancuso, R. A., Branigan, C., & Tugade, M. M. (2000). The undoing effect of positive emotions. Motivation and emotion, 24(4), 237-258.

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Alexandra Loeffner - Positive Psychologie

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