Die 7 Geheimnisse glücklicher Beziehungen

von | 25.05.2021 | Positive Beziehungen

Kaum etwas hat so einen großen Einfluss auf unsere Zufriedenheit und unser Glück, wie die Beziehungen in unserem Leben. Auch wenn es dabei nicht nur um Liebesbeziehungen geht, spielt unser Partner in unserem Leben oft eine ganz besondere Rolle. Doch wo am Anfang noch Verliebtheit und Liebesglück herrschen, stellt sich meist irgendwann Alltag ein. Bis man sich schließlich auseinander gelebt hat oder im schlimmsten Fall die Anwesenheit des anderen gar nicht mehr ertragen kann, weil man nur noch seine Schwächen, Fehler und Makel sieht. Doch Beziehungen sind nicht dazu verdammt so zu enden, nur weil nach spätestens zwei Jahren die Verliebtheitshormone abflauen. Es gibt Möglichkeiten, die Liebe frisch zu halten und stabile, erfüllte Beziehungen zu gestalten. Und dieser Artikel soll dir nicht einfach nur Tipps geben, die vielleicht bei manchen Paaren funktioniert haben. Stattdessen verrate ich dir die 7 Geheimnisse glücklicher Beziehungen, die aus jahrelanger Forschung entstanden sind, aus der Beobachtung von Tausenden von Paaren und dem Lebenswerk eines Paares: den Gottmans.

Das Love Lab der Gottmans

Vor über 50 Jahren, in den 70’ern, lernte John Gottman Robert Levenson kennen. Beide waren damals Assistenzprofessoren und freundeten sich schnell an. Und bald entdeckten sie auch eine Gemeinsamkeit, die sie beide verband – ihre Beziehungen liefen überhaupt nicht gut. Sie stolperten von einer desaströsen Beziehung in die nächste und wussten nicht, was eigentlich falsch lief. Als angehende Wissenschaftler im Bereich der Psychologie lag die Idee nicht fern, zu untersuchen, wie (gute) Beziehungen funktionierten. Und wenig später hatten sie gemeinsam ein Beziehungslabor gegründet, das die Frage klären sollte, wie man eine glückliche Beziehung führt.

In einer der ersten Untersuchungen luden John Gottman und sein Kollege Paare in ihr Beziehungslabor ein und baten sie, sich zu unterhalten. Zunächst 15 Minuten über ihren Tag, anschließend sollten die Paare versuchen innerhalb von 15 Minuten eines ihrer großen Konfliktthemen zu lösen, zuletzt unterhielten sie sich 15 Minuten über ein schönes Thema. Währenddessen wurden die Paare nicht nur gefilmt, sondern es wurden auch ihr Herzschlag, ihr Blutfluss und ihre Schweißproduktion an den Händen gemessen. Sie waren also rundum verkabelt und ein kleiner Sensor unter ihrem Stuhl maß, wie sehr sie sich bewegten und zappelten. Anschließend wurde jeder Beziehungspartner für sich gebeten, zu bewerten, wie sie sich jeweils im Zeitverlauf der Gespräche gefühlt hatten. Drei Jahre später befragten Gottman und sein Kollege dieselben Paare und fanden so heraus, welche sich getrennt hatten, welche noch zusammen waren und welche der Paare dabei auch noch glücklich waren.

Über die Jahre sammelten John Gottman und sein Kollege riesige Mengen von Daten, die sie analysierten und auswerteten. Sie fanden bestimmte Kommunikationsmuster und wurden immer besser darin zu erkennen, wie Paare kommunizierten und sich verhielten, die auf eine Trennung zusteuerten. Einige Jahre später war John Gottman tatsächlich in der Lage auf Basis von Beobachtungen mit einer Wahrscheinlichkeit von bis zu 94% vorherzusagen, ob Paare sich scheiden lassen würden. Und er wusste ziemlich gut darüber Bescheid, was man tun konnte, um eine Beziehung zu zerstören. Die Frage, wie glückliche Beziehungen funktionierten, war jedoch immernoch offen.

Nachdem John Gottman seine Frau Julie kennenlernte, ebenfalls Psychologin, gründete er mit ihr das „Love Lab“. Ein weiteres Beziehungslabor, das eingerichtet war, wie eine Wohnung. Im Love Lab verbrachten die Paare, die John und Julie untersuchten, einige Stunden oder sogar Tage. Sie aßen zusammen, schauten Fernsehen und taten, was Paare in ihrer freien Zeit so machen. Und auch hierbei wurden sie laufend von Kameras gefilmt, kleine Geräte überwachten ihre Körperfunktionen, im Bad wurde der Urin auf Stresshormone untersucht und hinter verspiegelten Glasscheiben kodierten Helfer die Gesichtsausdrücke und Emotionen.

Mit Julie an seiner Seite und dem riesigen Datenmaterial von Paaren, die ihre Zeit miteinander verbrachten, fand John Gottman heraus, was glückliche Paare anders machten als unglückliche. Gottman und sein Team entdeckten Freundschaft und Intimität als wichtige Basis von Beziehungen und wie Paare Freundschaft und Intimität herstellen und aufrechterhalten. Und aus all den Erkenntnissen aus jahrelanger Forschungsarbeit entwickelten John und Julie Ansätze und Interventionen, um Paaren zu helfen, wieder eine glückliche Beziehung zu führen und einen guten Umgang mit Krisen zu finden. Im Gottman Institut bieten sie nicht nur Beratungen und Workshops für Paare an und kombinieren diese Angebote mit ihrer Forschung, sondern bilden auch Beziehungscoaches und -therapeuten aus. Und im Folgenden werde ich dir einige der Geheimnisse verraten, die die Gottmans von glücklichen Paaren gelernt haben.

Geheimnis Nr. 1: Kenne deinen Partner

Wenn du an die Anfangszeit deiner Beziehung zurück denkst, erinnerst du dich vielleicht auch noch an endlose Gespräche mit deinem Partner. An Nächte, in denen man dem anderen fasziniert gelauscht hat und an das Bedürfnis alles über den Partner zu erfahren. In den ersten ein bis zwei Beziehungsjahren, in denen die Verliebtheits-Hormone noch aktiv sind, ist es für die meisten selbstverständlich Interesse am anderen zu zeigen, ihn besser kennenlernen zu wollen und seine Welt zu entdecken. Leider lässt dieses Bedürfnis bei vielen mit der Zeit immer mehr nach. Oft hat man das Gefühl, dass man seinen Partner gut genug kennt und alles über ihn weiß. Dabei vergisst man jedoch, dass das Leben des anderen nicht still steht und Menschen sich entwickeln und verändern. Bleibt man nicht auf dem Laufenden, weiß man plötzlich doch nicht mehr so viel über seinen Partner und dessen Leben, wie man meint.

Deshalb ist es auch in langjährigen Beziehungen sinnvoll seinen Partner immer wieder neu kennenzulernen und die Welt das anderen zu entdecken. Die Kenntnis der Vorlieben, Sehnsüchte, Ängste, Überzeugungen, Interessen und Werte des anderen führt dazu, dass die Beziehung auch in herausfordernden Zeiten oder nach Veränderungen stabil bleibt. Das beginnt bei vermeintlich trivialen Kleinigkeiten, wie dem Lieblingsdressing oder dem verhassten Kollegen und endet bei großen Themen wie Lebensträumen und grundlegenden Einstellungen. Gottman nennt es die „Partner-Landkarte“, die nicht nur das Terrain verzeichnet, sondern auch das aktuelle Wetter beinhaltet. Auch zu wissen, was den Partner gerade bewegt, worüber er sich Sorgen macht, worauf er sich freut und was Wichtiges ansteht, gehört zu einer aktuellen Partner-Landkarte. Es geht darum, die innere Welt und das aktuelle Leben seines Partners zu kennen und im Alltag zu beachten.

Der Schlüssel zu einer aktuellen Partner-Landkarte ist echtes Interesse, Aufmerksamkeit und Austausch. Nicht nur regelmäßige, tiefe Gespräche sorgen dafür, dass man den anderen (und auch sich) besser kennenlernt. Dafür kann man zum Beispiel die Fragen der Verbundenheit oder Kartensets, die es inzwischen in verschiedensten Varianten gibt, als Hilfestellung nehmen oder das Konzept der Zwiegespräche in den gemeinsamen Alltag integrieren. Auch kleine Rituale, wie ein Austausch am Morgen über den anstehenden Tag oder ein Gespräch über den vergangenen Tag, das über Alltagsbanalitäten wie Einkaufslisten und Fahrdienste hinausgeht, halten die Partner-Landkarte aktuell. Ein vermeintlich simpler und trivialer Punkt, der mit der Zeit jedoch oft an Bedeutung verliert.

Geheimnis Nr. 2: Erkenne die guten Seiten deines Partners

Wenn du eine aktuelle Partner-Landkarte hast, kennst du natürlich auch alle  Macken, Fehler und schlechten Angewohnheiten deines Partners. Und nicht selten bringen sie uns mit der Zeit immer mehr auf die Palme. Was wir anfangs, mit rosaroter Brille, noch süß oder lustig fanden, finden wir inzwischen vielleicht nur noch nervig oder anstrengend. Doch der Partner hat genauso auch noch seine guten Seiten, Stärken, Bewundernswertes, Inspirirendes und Liebenswertes und man sollte nie aufhören auch diese Seiten am Partner zu sehen. Wenn wir unserem Partner Zuneigung und Bewunderung entgegen bringen und damit auch unseren Respekt und unsere Anerkennung ausdrücken, wird die Beziehung stabil bleiben. Es geht hierbei zum einen um die Grundstimmung, die die Beziehung prägt, ob Respekt und Wertschätzung oder Feindseligkeit und Kritik das Miteinander prägen. Zum anderen gehört neben dem Erkennen der guten Seiten, auch das Ausdrücken von Zuneigung und Bewunderung zu einer glücklichen Beziehung.

Gottman hat herausgefunden, dass fast alle Paare, die ihre Vergangenheit positiv betrachten und die schönen Erlebnisse betonen, auch eine positive Zukunft haben. Dabei ist es unerheblich, wie die Vergangenheit wirklich war. Was zählt, ist unser Empfinden und unsere Konstruktion der Erinnerungen. Und genau das gilt auch für die Betrachtung unseres Partners. Wenn wir uns ein Stück weit die rosarote Brille bewahren, den Partner also positiver sehen, als er oder enge Freunde dies tun und vermeintliche Schwächen herunterspielen, ist dies der Beziehung zuträglicher als eine realistische Sichtweise.

Wenn du deine Beziehung stärken möchtest, denke doch mal darüber nach, was du an deinem Partner magst. Und finde im Alltag Möglichkeiten, das auch auszudrücken, das kann z.B. per SMS oder Textnachrichten, kleinen Notizzetteln oder einfach Worten, die du deinem Partner sagst, passieren. Oder wie wäre es mal wieder mit einem handgeschriebenen Brief oder einer Postkarte? Wenn es dir noch schwer fällt, etwas Tolles an deinem Partner zu finden, kannst du auch umgekehrt herangehen. Stell dir vor, dein Partner wäre nicht mehr da – was würdest du vermissen, was würde dir fehlen?

Geheimnis Nr. 3: Wende dich deinem Partner zu

In der Hektik und dem Stress des Alltags passiert es jedem, dass er sich vom Partner abwendet, indem er in Gedanken woanders ist oder die kleinen Annäherungsangebote des Partners schlichtweg übersieht. Doch eine starke Freundschaft ist eine wichtige Basis einer glücklichen Beziehung. Und diese Freundschaft pflegt man unter anderem dadurch sich dem Partner zuzuwenden. Sich dem Partner mehr zuzuwenden, ist an sich keine große Sache und doch geht sie schnell mal unter. Die kleinen Momente zu nutzen, in denen man ganz beim Partner ist und ihm seine Aufmerksamkeit schenkt, macht jedoch einen großen Unterschied. Wenn der Partner etwas erzählt, eine Frage stellt, uns eine Zärtlichkeit schenkt oder schlichtweg Blickkontakt aufnimmt, können wir diese Momente als Möglichkeit sehen unsere Beziehung zu verbessern. Denn wenn wir uns dem Partner zuwenden und emotional und geistig anwesend sind, stärkt das die Verbindung. Gottman nennt es das emotionale Konto, auf das wir mit jeder Zuwendung zum Partner einzahlen. Sodass wir einen Puffer für schwierige oder herausfordernde Zeiten aufbauen, von dem wir als Paar zehren können. Wie wäre es z.B. mit einem gemeinsamen positiven Tagesrückblick, als tägliches Ritual, in dem ihr euch einander wirklich zuwendet und ganz beim anderen seid?

Geheimnis Nr. 4: Lasse dich von deinem Partner beeinflussen

In einer Langzeitstudie mit jungverheirateten Paaren fand Gottman heraus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Ehe scheitert um 81% steigt, wenn der Mann sich von seiner Frau nicht beeinflussen lässt und seine Macht nicht teilt. Männer hingegen, die bereits in den ersten Monaten zulassen, von ihren Frauen beeinflusst zu werden, leben in wesentlich glücklicheren und längeren Beziehungen. Ein Geheimnis glücklicher Beziehungen scheint also zu sein, kompromissbereit zu sein und die Wünsche und Bedürfnisse seines Partners zu respektieren.

Tatsächlich ist dies ein Thema, das vor allem den männlichen Teil in Beziehungen betrifft. Die Mehrheit der Frauen lässt sich, laut Studien, von ihren Männern beeinflussen. Die Männer sind da jedoch etwas uneinsichtiger. Da wird auch mal das schicke Sportauto gekauft, obwohl der große Familienvan mit Kindern und Haustieren viel praktischer wäre, was die Frau natürlich auch mehrfach angemerkt hat. Doch sich beeinflussen zu lassen, oder auch nicht, passiert nicht nur bei mehr oder weniger großen Entscheidungen, sondern auch in vielen Konfliktsituationen des Alltags. Den Standpunkt und die Meinung seines Partners wahrzunehmen, anzuhören und zu respektieren, ist ein wichtiger Baustein im Beziehungspuzzle. Sich vom Partner beeinflussen zu lassen, heißt nicht immer einfach klein beizugeben und nur noch den Wünschen des Partners Folge zu leisten. Vielmehr geht es darum die Meinung und Bedürfnisse seines Partners ernst und wichtig zu nehmen und in die eigenen Überlegungen mit einzubeziehen. Und vielleicht auch mit dem Partner zu kären, warum man sich trotzdem anders entschieden hat. So fühlt der andere sich gesehen und respektiert.

Geheimnis Nr. 5: Löst eure lösbaren Probleme

In jeder guten Beziehung wird mal gestritten, manchmal sogar so heftig, dass die Fetzen fliegen. Tatsächlich ist die wichtige Frage gar nicht so sehr, wie häufig man streitet, sondern vielmehr wie. Gottman hat in seinen Laboren unzählige Paare bei Streitgesprächen beobachtet und daraus gelernt, wie glückliche Paare mit Konflikten umgehen:

  • Sie beginnen in einem sanften Ton und fallen nicht mit der Tür oder Kritik und Vorwürfen ins Haus.
  • Sie unternehmen Rettungsversuche, um den Streit zu deeskalieren und nehmen die Rettungsversuche ihres Partners an.
  • Sie sind in der Lage sich selbst und auch einander zu beruhigen und sorgen so dafür, dass der Streit nicht eskaliert oder auf einer unsachlichen und verletzenden Ebene geführt wird, die der Beziehung schadet.
  • Sie gehen Kompromisse ein und lassen sich von ihrem Partner beeinflussen.
  • Sie tolerieren die Fehler ihres Partners, anstatt auf diesen herumzureiten und den anderen dafür zu kritisieren.

Sowohl in glücklichen als auch in unglücklichen Beziehungen ist die Frau diejenige, die heikle Themen wesentlich häufiger anspricht, als der Mann. Hierbei macht es jedoch einen Unterschied, wie die Themen angesprochen werden. Mit einem groben Auftakt, der gespickt ist mit Vorwürfen und Kritik, stellt man die Weichen für den weiteren Verlauf des Gespräches in eine ungünstige Richtung. Stattdessen lohnt es sich das Gespräch freundlich und möglichst sachlich beschreibend zu beginnen. Wenn man merkt, dass man bereits emotional aufgeladen ist, ist es oft eine gute Idee, dem Partner das zu sagen. Rettungsversuche sind ein weiterer Baustein, den glückliche Paare in Konfliktsituationen nutzen, um diese zu entschärfen. Dies können Witze, Entschuldigungen, Zärtlichkeiten oder sogar gemeinsame Codewörter sein, mit denen einer der Partner versucht die Emotionalität des Gespräches wieder aufzuheben. Denn oft merkt mindestens einer der Beteiligten, wenn ein Streitgespräch in eine ungünstige Richtung verläuft. In diesen Momenten frühstmöglich einzugreifen und die Negativspirale zu durchbrechen, kann die Dynamik entscheidend verändern. Auch in unglücklichen Beziehungen kann man Rettungsversuche beobachten, nur werden diese hier vom Partner eher nicht wahrgenommen oder nicht angenommen bzw. abgetan.

Durch die hohe Emotionalität in Konfliktgesprächen kommt es auch auf körperlicher Ebene zu einer Stressreaktion. Vor allem Männer werden emotional schneller überflutet und die körperliche Reaktion hält durchschnittlich länger an als bei Frauen. Die emotionale Überflutung führt nicht nur dazu, dass Rettungsversuche nicht mehr wahrgenommen oder angenommen werden, sondern vermindert auch die Lösungsfähigkeit und verhindert, dass man auf einer sachlichen Ebene miteinander kommunizieren kann. Die emotionale Überflutung kann auch zum sogenannten Stonewalling führen, das heißt, dass man sich zurückzieht, innerlich abschaltet und distanziert. Dieses Phänomen betrifft tatsächlich überwiegend die Männer, ca. 85% der Stonewaller sind Männer. Was nicht heißt, dass Frauen nicht ebenfalls sehr emotional sind. Doch man kann sehr emotional sein, ohne überflutet zu werden. Emotionale Überflutung ist der physiologische Zustand von Kampf bzw. Flucht. Der Körper geht also in den Überlebensmodus. Deshalb sollte eine emotionale Überflutung möglichst vermieden werden. Dafür kann es hilfreich sein, sich selbst beruhigen zu können oder auch als Paar Strategien zu haben, die einem helfen sich gegenseitig zu beruhigen. Ist es erstmal zu einer starken Stressreaktion gekommen, kann es bis zu 20 Minuten dauern, bis diese wieder abgeklungen und das Gehirn wieder normal nutzbar ist. Ist einer der Partner noch in der Lage klar zu denken, kann er den anderen beruhigen. Besonders hilfreich zur Beruhigung sind körperliche Berührungen.

Um bei einem Streitthema einen gemeinsamen Kompromiss zu finden, rät Gottman genau zu schauen, bei welchen Aspekten des Themas man kompromissbereit ist und bei welchen nicht. Wenn ein Partner beispielsweise auf dem Land leben möchte und der andere in der Stadt, scheint dies zunächst einmal wie ein unlösbares Problem. Doch schaut man genauer hin und ergründet, was hinter den Wünschen steckt, sind Probleme oft gar nicht mehr so unlösbar, wie man denkt. Fragt man also, warum derjenige dort leben möchte, erkennt man vielleicht, dass Partner 1 gerne einen Garten hätte und im Grünen joggen gehen möchte. Partner 2 hingegen ist es vorallem wichtig, dass sein Arbeitsweg nicht zu lang ist und er sich jederzeit mit seinen Kumpels auf ein Bier treffen kann, ohne die letzte Bahn nachhause zu verpassen. Betrachtet man das Problem auf dieser Ebene findet man viel eher eine Lösung, vielleicht ein Haus am Stadtrand im Grünen mit einer guten Verkehrsanbindung. Eine wichtige Basis, um Lösungen zu finden, ist nicht nur Kompromissbereitschaft, sondern vor allem das ehrliche Interesse am Partner und seinen Bedürfnissen und die Akzeptanz, Bewunderung und Wertschätzung aller Seiten und Eigenschaften des Partners.

Geheimnis Nr. 6: Überwindet Pattsituationen

Neben den lösbaren Problemen gibt es in Beziehungen auch vermeintlich unlösbare Probleme, Gottman nennt sie Pattsituationen. Ein Partner will Kinder, der andere nicht. Einem Partner ist Ordnung und Sauberkeit unheimlich wichtig, der andere mag es lieber gemütlich und fühlt sich durch die Ordnung seines Partners eingeengt. Ein Partner ist eher introvertiert und möchte lieber Zeit zuhause und alleine mit dem Partner verbringen, der andere liebt es wegzugehen, viele Menschen um sich zu haben und unterwegs zu sein. Es gibt unzählige Beispiele im Beziehungsalltag für Pattsituationen, weil Menschen unterschiedlich sind und unterschiedliche Bedürfnisse haben. Auf Dauer können solche Gegensätze oder Unterschiede dazu führen, dass man sich von seinem Partner nicht verstanden fühlt, die eigenen Wünsche nicht erfüllt werden und sich die Fronten mit der Zeit verhärten und es zu einer Entfremdung kommt.

Gottman empfiehlt einmal hinter das Problem zu schauen und herauszufinden, welcher große Wunsch oder Traum hinter dem Problem steht. Wenn beide Seiten den tiefen Wunsch ausfindig machen, der die Pattsituation verursacht, sich darüber austauschen und den Traum des Partners respektieren und anerkennen können, kann dies schon viel Entspannung in ein bisher angespanntes Thema bringen. Vielleicht steht hinter dem Kinderwunsch der Wunsch danach, Verbundenheit zu erleben, ein Zuhause zu schaffen und etwas auf der Welt zu hinterlassen. Und vielleicht möchte der andere ein freies, selbstbestimmtes Leben führen und seine Ziele verwirklichen, um so zu einer besseren Welt beizutragen, ohne dass ihn Kinder dabei einschränken. Oft stehen diese Wünsche auch in Verbindung mit Erfahrungen aus der Kindheit oder einschneidenden Lebensereignissen, die das eigene Weltbild auf den Kopf gestellt haben. Auch wenn damit noch keine Lösung erreicht ist, macht es einen Unterschied, ob man den Partner einfach als jemanden sieht, der etwas anderes möchte. Oder als jemanden mit tiefliegenden Bedürfnissen, die den eigenen vielleicht nicht mehr ganz so unähnlich sind, nur anders ausgelebt werden. Der intensive Austausch über die tieferliegenden Wünsche und Träume führt außerdem zu einem Aktualisieren der Partner-Landkarte und einem Verständnis für die Anliegen des Partners. Und vielleicht eröffnen die Gespräche doch noch eine Möglichkeit für einen Kompromiss oder Ideen, wie man den Partner bei der Erfüllung seines Traumes unterstützen kann.

Geheimnis Nr. 7: Schafft einen gemeinsamen Sinn

Genauso wie ein Erleben von Sinn bei einzelnen Menschen zu Wohlbefinden und Gesundheit beiträgt, macht ein gemeinsamer Sinn auch Beziehungen stärker. Und dafür muss man nicht gemeinsam die Welt retten, wie die Superhelden-Paare. Sinn findet sich schon im kleinen und liegt vielmehr im Auge des Betrachters, als dass er da ist oder auch nicht. Gemeinsame Ziele, die man verfolgt, sind eine Möglichkeit gemeinsam Sinn zu erleben. Aber auch eine gemeinsame Beziehungs- oder Familienkultur, gemeinsame Rituale, bestimmte Rollenverteilungen, eine Lebensphilosophie, die man verfolgt oder gemeinsame Werte, können sinnstiftend sein. In einer Beziehung können Partner beispielsweise Sinn erleben, wenn sie einer klassischen Rollenverteilung nachgehen und damit beide zufrieden sind. Der Mann findet Sinn darin der Ernäher und Versorger der Familie zu sein, während die Frau sich um das gemeinsame Zuhause kümmert und die Kinder großzieht. Genauso kann ein gemeinsames berufliches Projekt oder der Garten, der zusammen bewirtschaftet wird, Sinn schaffen. Sinn ist etwas hochindividuelles und zeigt sich erst durch die gemeinsame Betrachtung. Was ein Paar als gemeinsamen Sinn erlebt, kann für ein anderes Paar vollkommen sinnlos erscheinen. Hier lohnt es sich auf die Suche zu gehen, nach Aspekten, die einen gemeinsamen Sinn schaffen, die verbinden und bei denen man die gleichen Ansichten teilt. Doch auch, wenn man keine persönlichen Ziele oder wichtige Werte teilt, kann man einen gemeinsamen Sinn finden – in dem man den Partner bei der Verwirklichung seiner bedeutenden Ziele oder der Umsetzung seiner wichtigen Werte unterstützt.

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Reflexion

Schätze deine Beziehung jeweils auf einer Skala von 0 bis 10 ein:

Wie gut kennst du deinen Partner wirklich?
Wie viel Zuneigung und Bewunderung drückst du deinem Partner gegenüber aus?
Wie sehr wendest du dich deinem Partner zu?
Wie sehr lässt du dich von deinem Partner beeinflussen?
Wie löst ihr Probleme?
Wie geht ihr mit Pattsituationen um?
Wie stark erlebst du einen gemeinsamen Sinn in deiner Beziehung?

In welchen Bereichen seid ihr gut aufgestellt? Welche Bereiche sind wichtige Ressourcen für eure Beziehung? Und in welchen Gebieten besteht noch Entwicklungspotential?

Eine glückliche Beziehung macht gleich zwei Menschen glücklicher. Doch mit einer Beziehung ist es wie mit einer Pflanze – damit sie erblüht, braucht sie etwas Pflege. Und die 7 Geheimnisse geben dir eine Idee, was Wasser, Licht und Dünger für deine Beziehung sein könnten. In der Positiven Psychologie kennen wir außerdem viele wirksame Übungen, um Beziehungen zu stärken und aufblühen zu lassen.

Ich wünsche dir Liebe und Verbundenheit!
Deine Alexandra

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Übungen passend zum Thema

Quellen

Gottman, John (2014). Die 7 Geheimnisse der glücklichen Ehe. Ullstein Verlag.

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Alexandra Loeffner - Positive Psychologie

Hallo, ich bin Alexandra!

Meine Vision ist eine Welt, in der jeder ein glückliches und erfülltes Leben führt. Meine Mission ist es die Positive Psychologie mit der Welt zu teilen, denn ich habe erlebt, welchen Unterschied es macht. Ich möchte dich inspirieren und begleiten - hin zu einem Leben voller Freude & Sinn. Deshalb schreibe, sammele und teile ich auf dieser Seite Inhalte rund um ein glückliches Leben. Für dein Aufblühen!

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