Gedankenexperiment
Erinnere dich in Gedanken an eine deiner Partnerschaften, das kann deine jetzige oder auch eine ehemalige Beziehung sein. Auf welche Arten und Weisen hast du deinem Partner gezeigt, dass du ihn liebst?
Nachdem du einige Ideen gesammelt hast, kannst du Muster oder übergeordnete Themen erkennen?
Der amerikanische Paarberater Gary Chapman hat in den 90er Jahren das Konzept der 5 Sprachen der Liebe geprägt. Nach zwanzig Jahren Erfahrung in der Eheberatung und der Arbeit mit den unterschiedlichsten Paaren stellte er die Theorie auf, dass Menschen ganz unterschiedliche Sprachen der Liebe sprechen. Mit seinem Konzept der 5 Liebessprachen wollte er die oft gestellte Frage beantworten, wieso in vielen Beziehungen die Liebe mit der Zeit abnimmt oder gar ganz verschwindet. Laut Chapman sind es oft gar nicht die Gefühle, die abnehmen, sondern die Verständigung, die nicht passt. Menschen sprechen fünf Sprachen der Liebe mit unzähligen Dialekten. Sie nutzen also fünf ganz verschiedene Formen, um ihre Liebe auszudrücken. Da sind Missverständnisse nahezu vorprogrammiert.
Welches sind die 5 Sprachen der Liebe?
In Partnerschaften werden fünf Beziehungssprachen gesprochen:
- Worte der Liebe & Anerkennung
- gemeinsame Zeit & Zweisamkeit
- Geschenke & Aufmerksamkeiten
- Hilfe & Unterstützung
- körperliche Zuwendung & Berührungen
Ursprünglich wurden die 5 Liebessprachen von Chapman rein intuitiv aus seinen Erfahrungen heraus entwickelt. Anschließend fand das Konzept Einzug in die Eheberatung und Paartherapie und wurde von Therapeuten und Beratern gerne eingesetzt. Seit einigen Jahren wird das Konzept auch zunehmend in der Psychologie wissenschaftlich untersucht. Erste Studien konnten zeigen, dass eine Aufteilung in die fünf unterschiedlichen Sprachen der Liebe sinnvoll ist und die Ausdrucksformen abbildet, die Menschen in ihren Beziehungen nutzen1,2. Damit sind die 5 Sprachen der Liebe inzwischen auch wissenschaftlich bewiesen.
Jede Sprache der Liebe bringt dabei ganz unterschiedliche Ausdrucksformen mit sich. Schauen wir uns die 5 Sprachen der Liebe einmal im Detail an. Denn das verrät dir auch gleich, auf welche Arten du deine Liebe in einer Beziehung ausdrücken kannst.
Worte der Liebe & Anerkennung
Worte der Liebe und Anerkennung sind eine Sprache der 5 Liebessprachen. Eine der üblichsten Formen diese Sprache zu nutzen, ist seinem Partner zu sagen, dass man ihn liebt. Doch diese Liebessprache umfasst noch viele andere Varianten, wie seinem Partner zu sagen, dass man stolz auf ihn ist, ihn verbal zu motivieren, zu ermutigen, zu unterstützen oder seine Bewunderung auszudrücken. Auch gelobt zu werden oder ein Kompliment kann eine Form dieser Liebessprache sein. Auch wenn diese Sprache sich der Worte bedient, kann sie auf ganz unterschiedlichen Wegen ausgedrückt werden, verbal im Sinne von Aussprechen, aber auch über kleine Notizzettel, Textnachrichten, Briefe und alle Wege, über die man Worte ausdrücken kann. Wenn du deinem Partner in dieser Liebessprache zeigen möchtest, dass du ihn liebst, kannst du ihm z.B. ein Post-It dort hinterlassen, wo er es im Laufe des Tags findet, mit den Worten „Ich liebe dich“, du kannst ihm am Telefon beistehen, wenn er gerade Zuspruch braucht, du kannst ihm am Ende des Tages sagen, wie stolz du darauf bist, dass er seine Präsentation gehalten hat oder ihm im Laufe des Tages eine Nachricht schicken und dich dafür bedanken, dass er heute die Kinder vom Kindergarten abholt und ihm schreiben, wie sehr du ihn als Vater schätzt.
Reflexion
Wie sehr nutzt du Worte der Liebe und Anerkennung in deiner Partnerschaft? Welche verschiedenen Formen nutzt du, um diese Liebessprache auszudrücken?
Wie wichtig ist es dir, von deinem Partner Worte der Liebe und Anerkennung zu hören? Welche Worte der Liebe und Anerkennung berühren dich besonders?
Gemeinsame Zeit & Zweisamkeit
Eine weitere Liebessprache ist gemeinsam verbrachte Zeit und Zweisamkeit mit dem Partner. Bei dieser Liebessprache geht es nicht darum, gemeinsam in einem Raum zu sein, sondern mit seiner ungeteilten Aufmerksamkeit beim Partner zu sein. Gemeinsam vor dem Fernseher zu sitzen, zählt nicht als gemeinsam verbrachte Zeit. Denn hier liegt die Aufmerksamkeit nicht auf dem Partner. Dabei können gemeinsame Aktivitäten ganz hervorragend genutzt werden, wenn wirklich miteinander etwas gemacht wird. Gemeinsam etwas zu unternehmen, ist eine Möglichkeit sich dieser Liebessprache zu bedienen. Eine andere Variante ist der Gedankenaustausch, seinem Partner zuzuhören oder ihn an den eigenen Gedanken und Gefühlen teilhaben zu lassen. Egal, wie man die gemeinsame Zeit gestaltet, ob man gemeinsam Sport macht, reist, zusammen essen geht, ein Zwiegespräch führt, einen Tanzkurs besucht – das Geheimnis dieser Liebessprache ist ein Miteinander, anstatt ein Nebeneinander.
Reflexion
Wie viel Zeit verbringst du wirklich gemeinsam mit deinem Partner und in Zweisamkeit? Wie gestaltet ihr eure gemeinsame Zeit?
Wie wichtig ist es dir, gemeinsam Zeit zu verbringen? Welche Formen von Zweisamkeit wünschst du dir?
Geschenke & Aufmerksamkeiten
Seinen Partner zu beschenken, ist ebenfalls eine Möglichkeit, seine Liebe auszudrücken. Dabei kommt es nicht darauf an, wie teuer oder groß ein Geschenk ist. Es sind Geschenke, die von Herzen kommen, die auch Herzen berühren. Teuer oder kostenlos, gekauft oder selbst gemacht, überraschend oder zu bestimmten Anlässen – Geschenke sind sichtbare Zeichen der Liebe. Sie zeigen, dass der Partner sich Gedanken gemacht hat und optimalerweise ein Geschenk gefunden hat, das zum anderen und seinen Wünschen passt. Ob Rosen, Schmuck, kleine Souvenirs von einer Reise, nützliche Gegenstände bis hin zu gemeinsamen Unternehmungen oder Reisen – die Sprache der Liebe hat ganz unterschiedliche Ausdrucksformen. Wenn du diese Sprache sprechen möchtest, kauf deinem Partner das kleine Accessoire, bei dem du an ihn gedacht hast, überrasche ihn mit Blumen oder Schokolade, finde das perfekte Geburtstagsgeschenk, über das er sich wirklich freut. Es gibt so viele Anlässe für Geschenke, die wir nutzen können, Geburtstage, Feiertage, Jahrestage, Abschiede & Wiedervereinigungen oder einfach, weil du an deinen Partner gedacht hast.
Reflexion
Wie oft machst du deinem Partner Geschenke? Welche Geschenke und Aufmerksamkeiten verschenkst du?
Wie wichtig ist es dir, dass dein Partner dir Geschenke macht? Über welche Geschenke und Aufmerksamkeiten freust du dich besonders?
Hilfe & Unterstützung
Eine weitere Sprache der Liebe ist die Hilfsbereitschaft. Durch kleine oder große Taten der Unterstützung und Freundlichkeit kann man seinem Partner seine Liebe zeigen. Etwas füreinander zu tun und sich gegenseitig zu unterstützen, ist eine wichtige Basis einer Beziehung. Diese Hilfe und Unterstützung kann im Alltag auf dem beiderseitigen Rollenverständnis basieren. Sie zeigt sich aber auch außerhalb des Alltags, wenn man für den Partner mitdenkt und ihn ohne eine direkte Bitte oder Forderung unterstützt. Hilfe und Unterstützung kann man auch zeigen, in dem man dem Partner abnimmt, was er nicht gerne macht oder nicht gut kann. Seien es alltägliche Aufgaben wie der Haushalt, die Kinderbetreuung, das Kümmern um das Haustier oder besondere Vorkommnisse wie ein kaputter Reifen, ein Formular, das ausgefüllt werden muss oder einfach mentale Unterstützung bei einem Problem – es gibt im gemeinsamen Leben unendlich viele Möglichkeiten seine Liebe durch Hilfe und Unterstützung auszudrücken.
Reflexion
Wie sehr unterstützt du deinen Partner und bist hilfsbereit? Welche Aufgaben übernimmst du besonders gerne, in welchen Bereichen unterstützt du deinen Partner besonders viel?
Wie wichtig ist es dir, dass dein Partner dir hilft und unterstützt? Welche Hilfe schätzt du ganz besonders?
Körperliche Zuwendung & Berührungen
Die letzte Sprache der Liebe ist körperliche Zuwendung. Mit liebevollen und zärtlichen Berührungen kann man dem Partner seine Liebe zeigen. Diese Liebessprache kann im Öffentlichen ausgelebt werden und durch Berührungen wie Küssen, Umarmen oder Händchen halten in Gegenwart von anderen noch mehr Bedeutung bekommen. Sie kann aber auch im Privaten ausgelebt werden und dann intimere Formen annehmen, wie Massagen, Kuscheln oder Sex. Von kleinen Gesten, wie dem Streichen durchs Haar oder einer kurzen Berührung am Bein bis hin zum stundenlangen Schmusen und gegenseitigen Erkunden des Körpers hat auch diese Liebessprache viele verschiedene Spielformen.
Reflexion
Wie oft berührst du deinen Partner und bist zärtlich zu ihm? Welche Berührungen schenkst du deinem Partner regelmäßig?
Wie wichtig ist es dir, von deinem Partner berührt zu werden? Welche Formen körperlicher Zuwendung magst du am liebsten?
Deine Muttersprache der Liebe
Chapman geht davon aus, dass Menschen alle Sprachen der Liebe in ihren Beziehungen nutzen, dass jeder Mensch jedoch eine „Muttersprache“ der Liebe hat. Die Muttersprache ist eine Sprache, die er fließend spricht und die er am häufigsten nutzt. Doch wie bei Sprachen können Menschen mit mehreren Sprachen als Muttersprache aufwachsen oder sie später erlernen. Es kann also gut sein, dass du mehr als eine Muttersprache hast. Dafür habe ich dir einen kleinen Test mitgebracht.
Gedankenexperiment
Stell dir vor, du dürftest deinem Partner einen Monat lang…
… nicht sagen, dass du ihn liebst oder deine Gefühle und Anerkennung in Worten ausdrücken.
… keine ungeteilte Aufmerksamkeit schenken und Zweisamkeit mit ihm verbringen.
… keine Geschenke mehr machen oder ihn mit einer Aufmerksamkeit überraschen.
… keine Unterstützung und Hilfsbereitschaft zuteilwerden lassen oder etwas für ihn tun.
… keine körperliche Zuwendung schenken oder ihn berühren.
Wie würde sich das jeweils für dich anfühlen? Wie würde es sich auf deine Beziehung auswirken?
Basierend auf deinen Beobachtungen und Empfindungen, was meinst du, was deine Muttersprache der Liebe ist?
Es kann auch vorkommen, dass die Sprache der Liebe, die wir besonders gut verstehen und uns von unserem Partner wünschen, von unserer Muttersprache abweicht. Dann haben wir eine (oder mehrere) Sprachen, die wir fließend sprechen und eine (oder mehrere) Sprachen, die wir gut verstehen und bevorzugen, von unserem Partner zu hören.
Gedankenexperiment
Vervollständige den folgenden Satz mit einigen Beispielen aus deinem Leben: Ich spüre die Liebe meines Partners am stärksten, wenn…
Wenn du deine Antworten betrachtest, welche Sprache der Liebe ist präsent?
Wie Beziehungskonflikte entstehen
Wenn nun jeder Mensch eine Muttersprache hat und vielleicht eine Sprache, die er gut versteht, dann treffen in einer Beziehung mit hoher Wahrscheinlichkeit unterschiedliche Sprachen aufeinander. Zwei unterschiedliche Muttersprachen können auf lange Sicht zu Problemen und Beziehungskonflikten führen, weil man die Liebeserklärungen seines Partners nicht versteht oder mit seinem Partner in der falschen Sprache spricht. Das wäre ungefähr so, als würde dir dein Partner auf Chinesisch sagen, dass er dich liebt. Du würdest es vermutlich nicht verstehen und auf Dauer hättest du vielleicht das Gefühl, dass dein Partner dich nicht liebt.
Stell dir vor, ein Mann drückt seine Liebe bevorzugt in Form von körperlicher Zuwendung aus und berührt und küsst seine Frau oft und tauscht gerne in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten aus. Die Frau hingegen möchte gesagt bekommen, dass sie geliebt wird. Sie wünscht sich, dass ihr Partner auch vor der Familie oder Freunden ausdrückt, wie sehr er sie wertschätzt und was er so an ihr mag. Dem Mann fällt es allerdings schwer passende Worte zu finden, insbesondere vor anderen. Und obwohl er seiner Frau, seiner Empfindung nach, andauernd zeigt, dass er sie liebt, wächst bei der Frau das Gefühl, dass ihr Partner ihr ja nie sagt, dass er sie liebt. Dabei tut er es – nur in einer anderen Sprache. Die beiden reden schlichtweg aneinander vorbei.
Auch Studien haben inzwischen belegt, dass sich gleiche Sprachen der Liebe in einer Beziehung positiv auf die Beziehungszufriedenheit auswirken3 und sogar die Zufriedenheit mit dem Sex verbessern4. Das heißt jedoch nicht, dass eine Beziehung zum Scheitern verurteilt ist, wenn Partner nicht dieselbe Sprache der Liebe sprechen.
Die Beziehungszufriedenheit verbessern
Schon Chapman ging davon aus, dass wir in unseren Beziehungen alle Sprachen der Liebe mehr oder weniger häufig einsetzen. Denn alle Sprachen der Liebe können zur Beziehungszufriedenheit beitragen. Besonders gut für die Beziehung ist es jedoch, wenn wir die Sprache sprechen, die unser Partner für seine bevorzugte Liebessprache hält5. Es ist also eine gute Idee, mit seinem Partner über die 5 Sprachen der Liebe zu sprechen und herauszufinden, welche ihm besonders wichtig sind und welche Ausdrucksformen er sich wünscht. Dann bist du in der Lage auf die Bedürfnisse deines Partners einzugehen und kannst dich bemühen, seine bevorzugte Liebessprache zu lernen und mehr anzuwenden. Eine weitere Studie6 hat außerdem gezeigt, dass wir uns bemühen sollten, zu erkennen, wann auch unser Partner sich bemüht, unsere bevorzugte Liebessprache zu verwenden. Denn das trägt zu mehr Liebe und mehr Zufriedenheit mit der Beziehung bei.
Das Ziel der Liebe ist nicht, die eigenen Wünsche erfüllt zu bekommen, sondern zum Wohlergehen des geliebten Menschen beizutragen.
Gary Chapman
Das Geheimnis einer glücklichen Beziehung ist nicht, dass wir einen Partner finden, der dieselbe Sprache spricht wie wir. Sondern, dass wir mit unserem Partner über seine Wünsche und Bedürfnisse sprechen und uns bemühen, auf diese einzugehen. Ebenso wie wir uns in einer Beziehung mit einem Menschen, der eine andere Muttersprache spricht bemühen würden, diese zu lernen, sollten wir uns auch bemühen die Liebessprache unseres Partners zu erlernen. Wenn wir unsere Verständigung mit unserem Partner verbessern und mehr Vielfalt in unsere Sprachen der Liebe bringen, kann dies unserer Beziehung nur zuträglich sein.
Reflexion
Was hast du über die 5 Sprachen der Liebe gelernt, das du in Zukunft in deinen Beziehungen berücksichtigen willst?
Wie wirst du deine neuen Erkenntnisse in deinen Beziehungen umsetzen?
Ich wünsche dir alle 5 Sprachen der Liebe in deinen Beziehungen!
Deine Alexandra
Buchtipps passend zum Thema
Quellen:
- Egbert, N., & Polk, D. (2006). Speaking the language of relational maintenance: A validity test of Chapman’s Five Love Languages. Communication Research Reports, 23(1), 19-26.
- Surijah, E. A., & Septiarly, Y. L. (2016). Construct validation of five love languages. Anima Indonesian Psychological Journal, 31(2), 65-76.
- Bunt, S., & Hazelwood, Z. J. (2017). Walking the walk, talking the talk: Love languages, self‐regulation, and relationship satisfaction. Personal Relationships, 24(2), 280-290.
- Mostova, O., Stolarski, M., & Matthews, G. (2022). I love the way you love me: Responding to partner’s love language preferences boosts satisfaction in romantic heterosexual couples. PloS one, 17(6).
- Bland, A. M., & McQueen, K. S. (2018). The distribution of Chapman’s love languages in couples: An exploratory cluster analysis. Couple and Family Psychology: Research and Practice, 7(2), 103–126.
- Hughes, J. L. & Camden, A. A. (2020). Using Chapman’s Five Love Languages Theory to predict love and relationship satisfaction. Psi Chi Journal of Psychological Research, 25(3), 234-244.
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